Opfer der Nazis in großer Sorge

17. Dezember 2011

182 Tote, die in den vergangenen 20 Jahren Opfer rechter Gewalt wurden, mindestens 10 Tote, die jüngst von einer rechten Terrorbande aus dem „nationalsozialistischen Untergrund“ ermordet worden sind und „Regierende, die Mitverantwortung an den „deutschen Zuständen“ heute tragen“: Das Auschwitz-Komitee e. V. hat sich in einem offenen Brief in großer Sorge an führende Politiker gewandt.

Gerichtet ist dieser Brief an Bundespräsident Christian Wulff, Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Bundesminister Kristina Schröder und Hans-Peter Friedrich, den Bundestagspräsident Norbert Lammert aber auch an alle Fraktionen. Damit ist praktisch die gesamte politische Führung angesprochen. „Sie, die Regierenden, tragen Mitverantwortung an den „deutschen Zuständen“ heute, an der Ökonomisierung des Denkens, an der Entsolidarisierung der Gesellschaft, und, daraus folgend, an der sozialen Spaltung, die Ängste schürt“, heißt es in dem Brief. „Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit haben heute wieder Konjunktur in Deutschland.“

Der offene Brief erinnert nicht nur an die mindestens zehn Opfer der sogenannten „Zwickauer Terrorzelle“ sondern auch an die 182 Toten, die in den vergangenen 20 Jahren Opfer rechter Gewalt wurden. Die würden von den Regierenden scheinbar übersehen, „obwohl doch Ausstellungen wie „Opfer rechter Gewalt“ seit Jahren vielerorts gezeigt wurden, einschlägige Websites und Foren mit unendlicher Mühe von NGOs, Bürgerinitiativen und Opferverbänden ganz öffentlich zugänglich waren und sind.“

Statt gegen Neonazis vorzugehen würden die Regierenden eine „Unkultur des Verdachts und der Gleichsetzung „Rot gleich Braun““ vorantreiben. Fremdschämen müsse sich das Komitee für die Ministerin Schröder, die mit ihrer so genannten „Extremismusklausel“ Überlebendenorganisationen und seit Jahrzehnten ehrenamtlich arbeitende Initiativen gegen rechts mit dem Generalverdacht überzieht, nicht auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen. „Bespitzelung und Verdächtigung statt Aufklärung und Anerkennung, Geld nur gegen Gesinnungsschnüffelei – wie groß wird der Scherbenhaufen sein, den das Ministerium hinterlässt?“, fragen die Opfer des Hitler-Regimes.

Erbost zeigen sich die Mitglieder des Komitees auch über die Art und Weise, wie der Staat mit denjenigen umgeht, die genug Zivilcourage haben, um sich Neonazis in den Weg zu stellen. Selbst bei Frosttemperaturen würde mit Wasserwerfern auf diese Menschen geschossen, „die in friedlichen Blockaden sich mutig auf die Straßen der Städte setzen, um marschierende Neonazis zu stoppen.“ Gegen sie würde „Tränengas in gesundheitsgefährdenden Mengen eingesetzt.“ Neonazis die Straße freizuräumen, Antifaschisten hingegen „selbst bei Frosttemperaturen mit Wasserwerfern“ wegzuspritzen – „der Vertrauensverlust in demokratische Zustände ist kaum zu ermessen.“

Der Brief endet mit einem Forderungskatalog und einer Aufforderung an die Kanzlerin: „Und Sie, Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel und die Bundesregierung fordern wir wiederum auf: Verbieten Sie endlich nach Artikel 139 Grundgesetz und entsprechend dem Potsdamer Abkommen die NPD und alle faschistischen Nachfolgeorganisationen, ihre Schriften, ihre Embleme, ihre Aktivitäten! Das sind wir den Millionen Opfern der faschistischen Verbrechen schuldig.“

Den kompletten, beeindruckenden Brief finden Sie unten als Download.

20111218_1_brief_des_auschwitz_komitees.pdf (15 KB)