Neofaschismus muss endlich konsequent bekämpft werden

28. November 2011

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) Schleswig-Holstein fordert, dass die Landesregierung endlich- mit der Mehrheit der Bevölkerung- für ein NPD-Verbot eintritt. Zudem müssen die Voraussetzungen für ein Verbot geschaffen werden, das heißt die V-Leute müssen abgeschafft werden, heißt es in einer Pressemitteilung der schleswig-holsteinischen VVN-BdA.

Auch wenn der Bundestag mit einer Schweigeminute der Opfer gedacht hat, die von den Rechtsterroristen, die sich „Nationalsozialistischer Untergrund“ nennen, ermordet wurden, auch wenn Bundespräsident Christian Wulff die Angehörigen der Opfer zu sich eingeladen hat, und auch wenn Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die Angehörigen der Opfer der Neonazis umgehend entschädigen will: In Schleswig-Holstein sind die Signale bei der Politik scheinbar noch nicht angekommen.

Innenminister Klaus Schlie steht einem NPD-Verbot zum jetzigen Zeitpunkt nach wie vor skeptisch gegenüber. Mit seinen altbekannten, bereits häufiger vorgebrachten Argumenten warnt er vor einer eventuellen Stärkung der NPD, falls das Verbotsverfahren scheitere. Dabei sorgen diese „Argumente“ gerade dafür, dass die vom Bundesverfassungsgericht geforderten Voraussetzungen für ein NPD-Verbot nicht erfüllt werden: das Abschalten der V-Leute. Viele V-Leute stammen aus dem kriminellen Milieu. Die Praxis hat gezeigt, dass die Vielzahl der V-Leute in der Partei nichts gebracht hat. Die Praxis hat widerlegt, was der Verfassungsschutz zur Notwendigkeit von V-Leuten gesagt hat.

Die NPD wird wegen ihrer Radikalität vor einem Verbot geschützt, Neonazis bezeichnen die V-Leute als „Schutzschirm“ gegen ein Verbot. Denn die Befürworter der V-Mann-Praxis argu­mentieren, die NPD sei so gefährlich, dass die Spitzel nicht abgezogen werden könnten. Dadurch wird ein Verbotsverfahren aber unmöglich. Eine paradoxe Situation, die die Strategie der NPD, mit der militanten Neonazi-Szene zu kooperieren, noch honoriert: Je gefährlicher die Neonazis, desto notwendiger V-Leute, desto geringer die Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens. Wäre die NPD jedoch ungefährlich, brauchte es keine V-Leute, aber auch kein Verbot. Wie verquer muss man eigentlich als für die Verfassung zuständiger Minister denken können?

Die schleswig-holsteinische VVN-BdA hat kein Verständnis für das unsägliche Zaudern der Landesregierung, für ein NPD-Verbot einzutreten. Die schleswig-holsteinische VVN-BdA hat kein Verständnis dafür, dass der Verfassungsschutz die NPD zusätzlich zur Parteien­finanzierung, Wahlkampfkostenerstattung usw. auch noch durch bezahlte Spitzel finanziert. Die NPD ist nicht nur Dreh- und Angelpunkt der Neonazi-Szene, sie ist organisatorische Plattform, Ideologiegeber und Reservoir für neonazistische Gewalttäter. Zu ihr haben auch die Mörder von der NSU Kontakt gehalten. Deshalb muss ein Verbotsverfahren endlich vorbereitet werden, das V-Leute-System muss beendet werden, um möglichst schnell ein NPD-Verbot durchzusetzen. Man braucht keine V-Leute, um zu sehen, dass die NPD verfassungswidrig ist.

Die Neonazi-Szene in Schleswig-Holstein nimmt den Verfassungsschutz derzeit jedenfalls nicht ernst. Auf einer der aktiven Neonazi-Homepages aus unserem Bundesland machen sich die Neonazis über den Verfassungsschutz lustig und verspotten dessen Aktivitäten. In einem Artikel rühmen sich die Neonazis: „Es haben in letzter Zeit eine ganze Reihe von Aktivitäten stattgefunden. Wenn die Presse und der Verfassungsschutz nichts mitbekommen, können wir dafür auch nichts. Der deutsche Bürger hat uns jedenfalls wahrgenommen“. Die Mehrheit der Bürger wollen die Neofaschisten aber gar nicht wahrnehmen: sie wollen ein NPD-Verbot. Die schleswig-holsteinische VVN-BdA fordert die Landesregierung auf, endlich ohne Ausflüchte für ein NPD-Verbot einzutreten.

Die schleswig-holsteinische VVN-BdA hat der Landesregierung und allen im Landtag vertretenen Parteien im Mai ein dickes Buch mit mehr als 5000 Stellungnahmen zum NPD-Verbot übergeben, die im Internet gesammelt worden waren. Die VVN-BdA wird sich auch in Schleswig-Holstein weiter getreu dem „Schwur von Buchenwald“ engagieren, den die KZ-Häftlinge nach ihrer Befreiung ablegten: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

Über die VVN-BdA:

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA e.V.) ist ein 1947 gegründeter Verband mit Sitz in Berlin. Sie ist die größte antifaschistische Organisation Deutschlands, die von überlebenden Naziopfern, ehemals Verfolgten und Widerstandskämpfer/innen gegründet wurde. Die Mitglieder der VVN-BdA fühlen sich dem Schwur von Buchenwald verpflichtet.

Die schleswig-holsteinische VVN-BdA hat ihren Sitz in Kiel. Sie hat in nahezu jedem Kreis eine Kreisvereinigung. Landesvorsitzender ist Hartmut Büchsel. Am 11. Mai 2011 konnten 5404 Stellungnahmen zum NPD-Verbot an den Innen- und Rechtsausschuss des Landtags Schleswig-Holstein übergeben werden. Das Signal war eindeutig: „Tut was!“

20111129_1_25-11-2011_pm_zu_npd-verbot.pdf (38 KB)