So kanns gehen
25. April 2009
Endlich werde die NPD im Kreis Nordfriesland / Flensburg / Schleswig-Flensburg wahrgenommen, triumphierte Kevin Stein, Kreisvorstandsmitglied der NPD, vor kurzem. Abgesehen davon, dass das Treiben dieser Partei seit Jahrzehnten bekannt ist, wird er wohl die „Wahrnehmung“ nicht mehr so freudig begrüßen.
Gleich 3 Veranstaltungen hatten die Neonazis für Samstag, 25.04.2009 angemeldet, in Tönning, Friedrichstadt und Kappeln: In Kappeln durch Arne Kaehne, Vorstandsmitglied der NPD NF/SL/FL: Diese Anmeldung erfolgte nicht namens der NPD, sondern einer Gruppe namens „Freie Patrioten Schleswig-Flensburg“. Thema: „Nein zu Linksextremismus in Kappeln und anderswo – Die deutsche Jugend steht auf für Volk und Vaterland“. Angekündigt waren 30-40 Personen, mit „Pavillon, Megaphon, schwarzen Fahnen, Stellplakate, Transparente, Spruchbänder, etc.“ Nach ihrem Bekanntwerden wurde umgehend seitens des „Runden Tisches gegen Nazis Kappeln“ eine Gegenkundgebung-/Demonstration angemeldet. Diese fand dann auch mit einer Beteiligung von mehr als 50 Teilnehmern statt – von den „Freien Patrioten Schleswig-Flensburg“ war dagegen nichts zu hören und nichts zu sehen. Stattdessen wurde die Forderung nach dem NPD-Verbot von mehr als 50 Kappelner Bürger unterschrieben.
Gegen 11.30 Uhr sagte der Ex-Landratskandidat Kaehne dann telefonisch die Veranstaltung ab: Die „Deutsche Jugend“ war an diesem Tag wohl doch noch nicht aufgestanden
Offensichtlich hatte wohl auch Kaehne nicht so recht darauf vertraut, dass seine „Freien Patrioten“ gegen „Linksextremisten in Kappeln“ tatsächlich aufstehen. denn die Absage der Kappelner Veranstaltung gab er per Handy (oder sagen die jetzt Funkfernsprech?) an die Polizei in Kappeln durch – und zwar von Tönning aus. Hier hatten sich „versammelt“: der 1. und der 2. stellvertretende Kreisvorsitzende Kevin Stein und Arne Kaehne, der Beisitzer Marc Tenten sowie Arne Trojahn. Die Fahrerin durfte wohl nicht mitmachen und musste aufs Auto aufpassen. Einige Stellschilder – ausgeliehen aus Niedersachsen, eigene sind wohl noch nicht wieder zusammen geklebt, und auch ein Tisch ist wohl noch zur Reparatur – und Handzettel waren alles, was sie dabei hatten. Flankiert wurden die vier auf der einen Seite vom Transparent „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“, auf der anderen Seite vom Transpa-rent „no.npd – NPD-Verbot jetzt“. Später stieß dann noch eine weitere Gruppe Antifaschisten dazu, und in dem anfänglichen Durcheinander nahmen dann auch noch die geliehenen Stellschilder Schaden. Die meisten der eh nur wenigen Tönninger, die überhaupt einen Handzettel in die Hand nahmen, warfen ihn nach einem Blick darauf angeekelt gleich wieder in den bereit stehenden Müllbehälter.
Gegen 11 Uhr gaben die vier dann auf, wurden von der Polizei zu ihrem Fahrzeug begleitet und verschwanden mit quietschenden Reifen Richtung Friedrichstadt, wie wir vermuteten, denn Stein hatte dort für 12.30 Uhr ebenfalls eine Veranstaltung angemeldet. Das stellte sich allerdings als Irrtum heraus, denn wie auch in Kappeln ließ er sich in dem „Holländerstädtchen“, das seit Jahrhunderten als religionstolerant galt und bis zur Pogromnacht 1938 eine der größten jüdischen Gemeinden Schleswig-Holsteins war, nicht blicken. Wohl nicht zu Unrecht vermuteten sie, dass sie dort in der Fußgängerzone noch wesentlich schlechtere Bedingungen vorfinden würden als vorher in Tönning.
Dass Neonazis nicht wahrgenommen werden, wird wohl niemand bezweifeln. Wohl aber, dass sie die Wahrnehmung als Erfolg werten können. hb/rb