Presse-Mitteilung der VVN-BdA Hessen

25. September 2025

Presse-Mitteilung
Frankfurt, den 24. September 2025
2.110 Zeichen

Antifa ist demokratisch

VVN-BdA äußert sich entsetzt über Anordnung Trumps


Die hessische VVN-BdA äußert sich in einem Schreiben an den Generalkonsul der USA, Brian Heath in Frankfurt am Main entsetzt über eine Anordnung des Präsidenten der USA, welche die Antifa-Bewegung als Terrororganisation einstuft.

In dem Schreiben macht die älteste antifaschistische Organisation, gegründet von antifaschistischen Widerstandskämpfern, deutlich:

  • „Es war die Antifa, die am 6. Juni 1944 ermöglichte, dass alliierte Truppen, insbesondere Einheiten der US-Army, in der Normandie landen konnten.
  • Es war die Antifa, die am 11. April 1945 mit US-Soldaten der US-Army Kontakt aufnahm und mitteilte, dass das KZ Buchenwald befreit sei und die Häftlinge die Soldaten erwarteten.
  • Es war die Antifa, die in deutschen Städten und Gemeinden, unmittelbar nach der militärischen Befreiung dafür sorgte, dass die notwendigste Versorgung hergestellt wurde: „anpacken, aufräumen, ausmisten…; ein neues Deutschland schaffen, das nichts“ mit dem alten „gemein haben dürfte“. (Emil Carlebach, als er nach der Befreiung aus dem KZ Buchenwald in Frankfurt eintraf).
  • Es war die Antifa, die an der Formulierung der Hessischen Verfassung mitwirkte.“

Weiter heißt es: „Es ist die Antifa, die gegen reaktionäre, rechtsradikale, neofaschistische Strömungen, Organisationen und Parteien hier und in vielen Ländern, auch in den USA, warnt, mahnt und sie versucht daran zu hindern, dass ein neues 1933 aufziehen kann. Es ist die Antifa, die sich gegen rechtsradikalen und faschistischen Terror wehrt. Es ist die Antifa, die demokratische Rechte verteidigt.“
Abschließend ersucht die VVN-BdA den US-Generalkonsul, „dem Präsidenten der Vereinigten Staaten und Ihrer Regierung unser Entsetzen über diese Anordnung mitzuteilen. Wir wünschen uns, dass die Regierung der Vereinigten Staaten diese Anordnung außer Kraft setzt und die Verdienste der Antifa in Vergangenheit und Gegenwart anerkennt.“

Die VVN-BdA erklärt ihre „Solidarität mit allen US-amerikanischen Antifaschisten, die sich für Freiheit, Frieden und Menschenrechte einsetzen, so wie es die Antifa überall auf der Welt tut.“

Für die Richtigkeit und bei Nachfragen:
Rosemarie Steffens, Sprecherin der VVN-BdA Hessen,
E-Mail: hessen@vvn-bda.de oder +49 163 2577 690

Solidarität mit der Bevölkerung in Gaza und mit der israelischen Friedensbewegung: Den Druck auf die israelische Regierung erhöhen

29. August 2025

Solidarität mit der Bevölkerung in Gaza und mit der israelischen
Friedensbewegung: Den Druck auf die israelische Regierung erhöhen

  • Stopp der Offensive zur völkerrechtswidrigen Besetzung Gazas
  • Beendigung der illegalen Landnahme im Westjordanland
  • Waffenstillstand und Verhandlungen für die Freilassung der Geiseln und eine dauerhafte Friedensregelung sofort
  • Umfassende Versorgung der Bevölkerung in Gaza durch die Vereinten Nationen


Hunderttausende Menschen in Israel haben seit Sonntag mit Demonstrationen und Streiks ein Ende des Krieges in Gaza und dem Westjordanland und die Freilassung der verbleibenden Geiseln der Hamas und ihrer Verbündeten gefordert. Das ist ein beachtlicher (Mobilisierungs-) Erfolg der israelischen Demokratie- und Friedensbewegung, der den innenpolitischen Druck auf die Regierung Netanjahu erhöht hat. Jetzt gilt es im Sinne und zusammen mit unseren befreundeten israelischen und palästinensischen Organisationen diesen Druck aufrechtzuerhalten und zu verstärken.


Wir fordern von der deutschen Bundesregierung den sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen an Israel.


Die geplante Ausweitung des Krieges, die Wiederbesetzung des Gazastreifens durch israelische Streitkräfte und die Siedlergewalt im Westjordanland sowie die damit einhergehende illegale Landnahme sind nicht durch das Völkerrecht gedeckt. Diese konstanten Brüche des Völkerrechts müssen im Sinne einer ehrlichen und offenen Partnerschaft zwischen der BRD und Israel Konsequenzen haben. Die Menschen in Gaza dürfen nicht auf dem Altar der Interessen der deutschen Rüstungslobby geopfert werden. Wie unsere Freunde in Israel sind wir der Überzeugung, dass das derzeitige Vorgehen der Israelischen Regierung den Menschen in Israel und Palästina keinen Frieden bringen wird. Der Kampf gegen eine Kultur des Hasses, wie sie beispielsweise die Hamas verkörpert, und die Stärkung demokratischer Strukturen kann nicht mit Waffengewalt erreicht werden.


Weiterhin fordern wir von der Bundesregierung sich an der Lieferung und direkten Verteilung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und weiteren überlebenswichtigen Gütern an die hungernde Bevölkerung in Gaza zu beteiligen.


Es muss dabei sichergestellt werden, dass die Verteilung der Lieferungen nicht durch Abwurf von Paketen aus der Luft, sondern direkt durch die Vereinten Nationen als unabhängige internationale Organisation erfolgt. Falls nötig, müssen die Lieferungen und Verteilstationen von Soldaten unter einem UN-Mandat vor Angriffen geschützt werden. Die Bundesrepublik muss im Sinne einer Beendigung der humanitären Katastrophe im Gazastreifen mit einer auskömmlichen Finanzierung dieser UN-Mission zu einem Gelingen beitragen.

Wir wünschen unseren Freundinnen in Israel und Palästina weiterhin viel Kraft und Mut. Wir stehen in dem Kampf für Demokratie, Frieden und Menschlichkeit weiterhin an eurer Seite!


Erklärung des Bundessprecher*innenkreises der VVN-BdA vom 22.08.2025

Marineschule Flensburg – Mürwik

5. Februar 2025

Pressemitteilung Aufstehen gegen Rassismus SH

27. November 2024

Landtagswahlen im Osten

18. November 2024

Dr. Ulrich Schneider

Die Landtagswahlen in den drei Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Thüringen liegen bereits mehrere Wochen zurück, dennoch bewegen die Ergebnisse bis heute die antifaschistische Debatte. Selbst die Mainstream-Medien berichten häufiger von den Konsequenzen, insbesondere, weil sich die Regierungsbildung kompliziert entwickelte. In ersten Reaktionen schwankten die Berichte – je nach politischer Orientierung – von einem Abgesang der Ampel-Koalition bis zu „gerade noch einmal gut gegangen“. Ein genauerer Blick auf einzelne Ergebnisse ist lohnend.


Trotz aller antifaschistischen Aufklärungsarbeit („Höcke ist ein Nazi“) in allen drei Bundesländern, Dorf- und Straßenagitation von „Aufstehen gegen Rassismus“ und anderen antifaschistischen Netzwerken, gelang es nicht, jeweils etwa dreißig Prozent der Wählenden davon abzuhalten, ihr Kreuz bei der AfD zu machen. In Thüringen wurde die offen faschistische Höcke-AfD die stärkste Kraft im Landtag, in Sachsen und Brandenburg landete die Partei knapp hinter den jeweiligen Ministerpräsidenten, die sich als „letzte Bastion“ gegen die AfD präsentierten. Daraus abzuleiten, dass deren Parteien eine entsprechend große Zustimmung bei den Wählenden erreicht hätte, ist abwegig, wenn man nur die desaströsen Resultate der SPD in Thüringen und Sachsen oder der CDU in Brandenburg betrachtet. Es ist offenkundig, die Wahl der beiden Ministerpräsidenten war eher eine Anti-AfD-Stimme, weniger eine Stimme für ihre Partei. In Thüringen ergab sich die Besonderheit, dass Ministerpräsident Ramelow für die LINKE antrat, die sich durch die Abspaltung des Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) in einem problematischen Zustand befindet. Trotz eines auf den anerkannten Ministerpräsidenten konzentrierten Personenwahlkampf verlor die Partei mehr als 50% der Stimmen. Ein deutliches Signal ihrer politischen Schwäche ist die geringe Zahl von Direktmandaten, die die LINKE nur in einzelnen Großstädten erringen konnte. In Sachsen rettete ihr dies das Überleben im Landtag. Auf dem Land und in den Kleinstädten verlor sie massiv. In Brandenburg führte es dazu, dass zum ersten Mal seit 1990 keine linke Partei mehr im Landtag vertreten ist.

Wenn die LINKE als politischer Akteur nicht nur in den östlichen Bundesländern eine Rolle spielen will, dann müssen hier nicht nur wohltönende Worte, wie auf dem Bundesparteitag in Halle/S., sondern tatsächliche Neuorientierungen in Richtung der arbeitenden Menschen folgen. Im „Neuen Deutschland“ glaubte ein Kommentator, aufgrund der Wahlergebnisse der Linken empfehlen zu müssen, sich vom Proletariat als gesellschaftsverändernde Kraft zu verabschieden und das „woke“ großstädtische Kleinbürgertum zur Zielgruppe linker Politik zu erklären. Doch dann hätte diese Partei tatsächlich ihre politische Berechtigung verloren.


Unbestrittene Siegerin dieser Wahlen ist die AfD. Der Partei ist es gelungen, Themen für sich auszunutzen, die auch die Mainstream-Medien in den vergangenen Monaten mit spektakulären Berichten in den Vordergrund schoben. Dazu gehören die Kernthemen der extremen Rechten: „Angst vor Flüchtlingen“ und Zuwanderung sowie „Sicherheit“ und Kriminalitätsangst. Selbst wenn die objektiven Zahlen zu Migration und Kriminalität in diesen Bundesländern eine andere Sprache sprechen, trugen die bundesweiten medialen Kampagnen („Messermord in Solingen“) dazu bei, diesem Thema Nahrung zu geben. Erschreckend ist, dass viele Wählende die Zustimmung zur rassistischen Hetze der AfD, ihre Kritik an Flucht und Migration als Grund für ihre Wahlentscheidung angaben. Und wenn Bundesregierung und CDU nun auf „Law and Order“ machen, bestätigt sich einmal mehr:
Man wählt das Original und nicht die Kopie.


Drei Bereiche der Wahlanalyse müssen zu denken geben. Die AfD ist bei dem Wähler*innen bis 30 Jahren in allen drei Bundesländern die mit großem Abstand erfolgreichste Partei. Die AfD hat sich als attraktive Kraft für Jung- und Erstwähler gezeigt. In Regionen, die durch Abwanderung und Strukturwandel am meisten betroffen sind, sind die Wahlergebnisse für die Partei am höchsten und bei der sozialen Zusammensetzung haben fast 50% derjenigen, die zur Gruppe der Arbeiter gerechnet werden, die AfD gewählt. Kurz formuliert, die AfD ist erkennbar keine „Protest-Partei“ mehr, was Antifaschisten auch früher schon betont hatten. Sie profitiert von der gesellschaftlichen Diskursverschiebung, bei der „Fremde“ und insbesondere muslimische junge Männer als „Bedrohung“ wahrgenommen werden. Die ideologische Langzeitwirkung der PEGIDA-Hetze ist in den Medien und den Köpfen der Wählerinnen angekommen.

Ein Thema hat die Wahlen deutlich beeinflusst, obwohl es originär kein Landesthema ist, die Frage Krieg und Frieden. Natürlich wird Landespolitik durch Hochrüstung und Folgen der militärischen Eskalationen in der Welt mittelbar betroffen, da die Bundesländer Lösungen für die Probleme finden müssen, die Kriege und Waffenexporte in aller Welt geschaffen haben. Auch die fehlenden Zuweisungen im Sozial- und Gesundheitsbereich sind unmittelbar Folge politischer Entscheidungen zugunsten von „Kriegstüchtigkeit“ und „100 Mrd. Sondervermögen“. Erkennbar haben in den drei Bundesländern viele Wählende ihre Entscheidung mit diesem Thema begründet. Der größte Profiteur war das BSW, das auf Plakaten und öffentlichen Auftritten dieses Thema in den Vordergrund gestellt hat. Man kann davon ausgehen, dass in der Altersgruppe ab 50 Jahren diese Haltung besonders honoriert wurde. Bürgerliche Parteien warfen dem BSW deshalb vor, keine landespolitische Kompetenz zu haben.

Zwar versuchte auch die AfD auf diesem Ticket Stimmen zu gewinnen, das machte die Stimme für die AfD aber damit trotzdem nicht zu einer „Anti-Kriegs-Wahl“. In gewisser Weise waren diese Landtagswahlen Stimmungsbilder, die die politische Landschaft verändert haben. Ein sichtbares Signal war die Erklärung der drei möglichen Ministerpräsidenten, die sich für mehr Diplomatie im Umgang mit dem Ukraine-Krieg einsetzten. Während sich das politische Berlin darüber echauffierte, zeigt die Erklärung, dass das Ergebnis für das BSW, das diese Frage zur Vorbedingung für mögliche Koalitionen benannt hat, Bewegung in die politische Landschaft gebracht hat.

Was ist zu tun? Notwendig scheint es, eine neue Strategie gegen den Vormarsch der AfD zu entwickeln. Die richtige Aussage „Höcke ist ein Nazi“ hat erkennbar ein Drittel der Wählerinnen nicht abhalten können, diese Partei zu unterstützen. Metropolen- und szeneorientierte Argumentationen sollten nicht die gesellschaftliche Gegenbewegung prägen. Ein Verbot der AfD wäre nötig, wird aber das Problem nicht lösen. Es müssten stattdessen vielfältige Anstrengungen unternommen werden, eine Diskurs- Verschiebung zu den realen Problemen der Menschen (Bildung und Versorgung der Kinder, Gesundheit und soziale Sicherheit, öffentliche Versorgung und ÖPNV, Arbeitsplätze und gerechte Wirtschaft etc..) zu erreichen. Dazu müssten nicht parteigebundene gesellschaftliche Kräfte (Gewerkschaften, Sozialverbände, Kirchen und Kulturorganisationen, antifaschistische und migrantische Verbände etc.) gemeinsam Strategien zu Verbesserung der Lebensverhältnisse entwickeln.
Ulrich Schneider

Ein braun-blauer-Durchmarsch – Gedanken zur Wahl in Thüringen

2. September 2024

Dr. Ulrich Schneider


Fangen wir mit den wenigen erfreulichen Ergebnissen der Thüringer Landtagswahl an.

Höcke hatte als Wahlziel formuliert, die AfD wolle 33 + X Prozent der Stimmen erhalten. Das hat sie mit 32,8% nicht geschafft. Außerdem gelang es Höcke in seinem Wahlkreis nicht, ein Direktmandat für den Landtag zu erringen. Damit sind jedoch die positiven Aspekte der Wahl schon erschöpft. Ob man es für positiv oder bedauerlich hält, dass weder die FDP (1,1%), noch die GRÜNEN (3,2%) im Landtag vertreten sind, hat mit politischen Präferenzen zu tun. Es ist für die bundesdeutsche Parteienlandschaft jedoch eine bemerkenswerte Tatsache.


Wenn man die anderen Parteien betrachtet, dann ist erschreckend, wie die LINKE; die Partei des durchaus anerkannten Ministerpräsidenten Bodo Rameloh, mit 18% Verlust vollkommen eingebrochen ist. Analysten meinen, dass– wenn sie nicht einen auf den MP konzentrierten Personenwahlkampf geführt hätte – die Verluste noch höher ausgefallen wären. Ein deutliches Signal ihrer politischen Schwäche ist die geringe Zahl von Direktmandaten, die sie tatsächlich nur in den wenigen Großstädten erringen konnte. Auf dem Land und in den Kleinstädten hat sie massiv verloren. Viele Stimmen der LINKEN konnte sicherlich das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) gewinnen, aber über die Hälfte der verlorenen Stimmen gingen an Nichtwähler, an die CDU, die SPD und selbst an die AfD. Wenn man sich die Wählerzusammensetzung anschaut, dann ist die LINKE nicht mehr die Partei der ehemaligen DDR Bürger, denn in der Altersgruppe ab 40 Jahren und bei Wählern, die seit über 20 Jahren in der Region leben, hat sie überdurchschnittlich verloren. Jungwähler, akademisch Gebildete und Zugezogene haben sie unterstützt. Ob das in Zukunft reichen wird, ist fraglich.


Die Koalitionspartei SPD, die sich von den Problemen der LINKEN Stimmen versprochen hatte, hat mit gerade einmal 6,1% knapp den Wiedereinzug in den Landtag geschafft. Es ist – nicht nur in Thüringen – eine Partei ohne Tradition, ohne regionale Verankerung und ohne Macht, von der sich Unterstützer mögliche berufliche oder gesellschaftliche Positionen versprechen könnten. Also gerät sie in den Sog des verhängnisvollen Bildes, was die Ampel-Koalition in Berlin abgibt – eine Tendenz, die die GRÜNEN und die FDP ebenfalls erlebten. Da die SPD für Thüringen nichts anzubieten hatte und in Berlin ein desaströses Image liefert, schrumpfte sie auf ihre „Kernanhängerschaft“ in den Städten zusammen. Sichtbares Zeichen dafür ist, dass sie kein Direktmandat erzielen konnte.


Die CDU als bisherige tolerierende „Opposition“ hatte gehofft, aus den Problemen in Berlin und bei der Minderheits-Regierung in Erfurt Profit ziehen zu können. Auch nahm man in den vergangenen Wochen propagandistisch verstärkt Themen der AfD auf. Tatsächlich wanderten einige Stimmen der Koalitionsparteien zur CDU, so dass sie knapp 2% gewann. Aber die politische Farblosigkeit des politischen Personals der Partei führte mit dazu, dass Wähler bei der Entscheidung für rechte Themen dann doch das „Original“ wählten, und nicht die blasse Kopie. Obwohl die CDU mit 23,6% eine relative Einflussgröße darstellt, erreichte sie nur im katholischen Eichsfeld und im Südosten mehrere Direktmandate.


Auffällig ist das Wahlergebnis für das BSW, die mit knapp 16% aus dem Stand die drittstärkste Kraft im Thüringer Landtag wurde. Trotz medialer Kampagnen, die die BSW entweder in Richtung AfD, als „Stasi“ Partei oder einfach nur als „Populisten“ meinten denunzieren zu können, wurde diese Partei von einem interessanten Wählerklientel unterstützt. Überdurchschnittlich gewann sie bei der Altersgruppe ab 50 Jahren und denjenigen, die seit mehr als 20 Jahren in der Region leben. Das BSW bot sich damit als ostdeutsche Protestpartei an, der zugetraut wurde, sich für die Belange und Vorstellungen dieser Menschen zu interessieren. Das BSW verhinderte damit einen weiteren Zulauf von Menschen zur AfD, die mit ihren Themen versuchte, ebenfalls dieses Image auszubauen. Die Glaubwürdigkeit des BSW hing auch mit Personen zusammen, wie der Spitzenkandidatin, die Eisenacher Oberbürgermeisterin Wolf, die auch landespolitische Popularität besaß. Dass das BSW auch eine klare Abgrenzung zur Ampel-Koalition auf Bundesebene gezeigt hat, hat sicherlich zu ihrem positiven Image in Thüringen beigetragen.


Unbestrittene Gewinnerin der Landtagswahlen ist die AfD, die mit knapp 33% und dem Gewinn der absoluten Mehrheit der Direktmandate – trotz erkennbar neofaschistischer Ausrichtung vieler ihrer Kandidatinnen – einen deutlichen Erfolg verbuchen konnte. Während auf der einen Seite die gesellschaftlichen Kräfte vor der inhaltlichen Ausrichtung dieser Partei warnten (vgl. Brief des Gedenkstättenleiters Wagner zur AfD), was bundesweit für Aufmerksamkeit sorgte, gleichzeitig auch ein Anstieg der Wahlbeteiligung um etwa 10% einen politischen Mobilisierungsgrad zeigte, haben alle diese „Aufklärungs-Aktionen“ nicht dazu beigetragen, die Wähler von der Wahl dieser Partei abzuhalten. Drei Bereiche der Wähleranalyse müssen zu denken geben. Die AfD ist bei dem Wählerinnen bis 30 Jahren die mit großen Abstand erfolgreichste Partei. In Regionen, die durch Abwanderung und Strukturwandel in Thüringen am meisten betroffen sind, sind die Wahlergebnisse für die Partei am höchsten und bei der sozialen Zusammensetzung haben fast 50% derjenigen, die zur Gruppe der Arbeiter gerechnet werden, die AfD gewählt.


Der Partei ist es gelungen, Themen für sich auszunutzen, die auch die Medien in den vergangenen Monaten mit spektakulären Berichten in den Vordergrund schoben. Zum einen ist es die Kritik an dem Zustand der Ampel-Koalition, von der auch die AfD profitierte. Zweitens sind es die Kernthemen der extremen Rechten, Angst vor Flüchtlingen und Zuwanderung sowie „Sicherheit“ und Kriminalitätsangst. Selbst wenn die objektiven Zahlen der Migration und der Kriminalität in Thüringen eine andere Sprache sprechen, trugen die bundesweiten medialen Kampagnen („Messermord in Solingen“) dazu bei, diesem Thema Nahrung zu geben. Und wenn die Bundesregierung nun auf „Law and Order“ macht, trifft dasselbe zu, wie bei der CDU. Man wählt das Original und nicht die Kopie.


Kurz formuliert, die AfD ist in Thüringen erkennbar keine „Protest-Partei“ mehr, was Antifaschisten auch früher schon betont hatten. Sie profitiert von der gesellschaftlichen Diskursverschiebung, bei der „Fremde“ und insbesondere muslimische junge Männer als „Bedrohung“ wahrgenommen werden. Die ideologische Langzeitwirkung der PEGIDA-Hetze ist in den Medien und den Köpfen der Wähler*innen angekommen.


Was ist dagegen zu tun? Notwendig scheint es, nicht nur in Thüringen, sondern bundesweit eine neue Strategie gegen den Vormarsch der AfD zu entwickeln. Die formulierte Tatsache „Höcke ist ein Nazi“ hat erkennbar ein Drittel der thüringischen Wähler nicht aufklären können. Metropolen- und szeneorientierte Argumentationen sollten weniger im Mittelpunkt der gesellschaftlichen Gegenbewegung stehen (nicht nur die Thüringer AfD-Wähler interessiert es nicht, wie die Partei zum Thema LGBTQ steht, und die, die sich dafür interessieren, wählen nicht AfD). Stattdessen müssten Anstrengungen unternommen werden, eine Diskursverschiebung zu den realen Problemen der Menschen (Bildung und Versorgung der Kinder, Gesundheit und soziale Sicherheit, öffentliche Versorgung und ÖPNV, Arbeitsplätze und gerechte Wirtschaft etc.) zu erreichen.


Dazu müssten nicht parteigebundene gesellschaftliche Kräfte (Gewerkschaften, Sozialverbände, Kirchen und Kulturorganisationen, antifaschistische und migrantische Verbände etc.) gemeinsam Strategien zu Verbesserung der Lebensverhältnisse entwickeln. Diesen Vorschlag unterbreitete interessanterweise auch Thüringens Staatsminister Benjamin Hoff (LINKE), jedoch erst nach der Wahlniederlage – warum nicht vorher? Diesmal sollten wir keine Zeit verlieren.
Dr. Ulrich Schneider, Kassel

Pressemitteilung der VVN-BdA zu den Wahlergebnissen in Thüringen und Sachsen

2. September 2024

„An dem Tag, an dem ein Faschist eine Wahl gewinnt, erklärt der Bundespräsident die Begrenzung der Migration zur Obersten Priorität. Nicht den Kampf gegen den Faschismus.“ Erstmals seit 1945 ist es einer im Kern faschistischen Kraft in Deutschland gelungen, in zwei Bundesländern einen Großteil der Stimmen auf sich zu vereinigen.

Antifaschistische Organisation und Politik sind nötiger denn je!
Der AfD ist es in Thüringen zum ersten Mal gelungen, als eindeutig faschistisch dominierte Partei stärkste Kraft in einem Bundesland zu werden. In Sachsen belegt sie mit minimalem Abstand zur führenden CDU den zweiten Platz. Damit ist die von Antifaschist*innen seit langem befürchtete Katastrophe eingetreten. Die Auswirkungen auf die demokratische Zivilgesellschaft und emanzipatorische Projekte werden zweifellos verheerend sein.

Der AfD gelingt unter Führung des Nationalsozialisten Björn Höcke ein entscheidender Schritt zur Macht. Die Niederlage Höckes beim Kampf um das Direktmandat ist dabei nur ein schwacher Trost, zeigt aber, dass gezielte Kampagnen gegen Kandidaten der AfD sinnvoll und erfolgreich sein können. Es bleibt abzuwarten, ob daraus innerparteiliche Verwerfungen oder Konsequenzen folgen. Dieser Wahlsieg der AfD kommt nicht überraschend, sondern hat sich über Jahre abgezeichnet. Eine wesentliche Ursache dafür ist, dass es der AfD gelungen ist, den rechten Mythos von der Migration als „Mutter aller Probleme“ ins Zentrum der der politischen Debatte zu bringen und sämtliche Themen jenseits der Faktenlage auf den Aspekt der Migration zuzuspitzen. Dies war und ist nur möglich, weil alle relevanten Parteien der Schwerpunktsetzung der AfD folgten. Inhaltlich entsteht in der politischen Arena so ein politischer und rhetorischer Überbietungswettkampf nach rechts. Dieser ist gegen nazistische Parteien logischerweise nicht zu gewinnen.

In den Wahlkämpfen der letzten Monate überwogen eindeutig bundespolitische Themen und die dazugehörigen Forderungen. Lösungsorientierte Ansätze für die sozial- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen kamen in der öffentlichen Debatte nicht zum Tragen. Die ungehemmte Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben geht weiter: immer mehr Reiche werden von Millionären zu Milliardären, während immer mehr Menschen kaum noch ihre Miete bezahlen können und Soziales, Gesundheit, Bildung und Infrastruktur chronisch unterfinanziert sind. Das sichtbare Elend in den Städten wächst. Klimaschutz und Verkehrswende bleiben auf der Strecke. Statt hier tragfähige Konzepte zu entwickeln, werden seit Jahren rassistische und sozialdarwinistische Ressentiments bedient und dabei bis tief in die Gesellschaft legitimiert. Die weitere Abschottung Europas gegen Menschen auf der Flucht, der schändliche Umgang mit den afghanischen „Ortskräften“, Einführung von Chipkarten statt Bargeld für Geflüchtete oder das Ansinnen von FDP und Union, das sogenannte Bürgergeld (aka Hartz IV) unter das bestehende Existenzminimum zu streichen, sind Ausdruck dessen. Das politische Programm der AfD führt so schon jetzt zur wachsenden Verarmung breiter Bevölkerungsschichten, paradoxerweise insbesondere unter ihren Wählerinnen und Wählern.

Spätestens die Resultate in Thüringen und Sachsen zeigen: es lohnt sich für die anderen Parteien nicht, die Menschenfeindlichkeit der AfD zu übernehmen. Diese Strategie kann und wird keine Erfolge liefern. Statt auf Ausgrenzung gegenüber Geflüchteten und Armen zu setzen, müssen alle demokratischen und emanzipatorischen Kräfte Werte der Solidarität und des Humanismus in den Vordergrund stellen. Dem Aufstieg der AfD als parlamentarischer Ausdruck des Faschismus in der BRD muss eine Politik der sozialen Gerechtigkeit und der Verteidigung der Menschenrechte für alle entgegengesetzt werden.

Die AfD muss auf allen Ebenen bekämpft werden, persönlich, gesellschaftlich, politisch, juristisch! Macht mit bei Aufstehen gegen Rassismus, unterstützt die Kampagne „AfD-Verbot jetzt!“ und werdet zum nächsten Parteitag der AfD Teil von Widersetzen!
Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere Pressemitteilung in ihrer Berichterstattung berücksichtigen.
Vielen Dank!
Freundliche Grüße

Hannah Geiger

Hannah Geiger, Pressereferentin
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten
(VVN-BdA) e.v.
Tel.: +49 (0)30 5557 9083 4
Mobil: 0178 2785958
E-Mail: presse@vvn-bda.de

Bürgerdialog für Demokratie und Vielfalt!

2. September 2024

Aufruf zur Kundgebung: „Bürgerdialog für Demokratie und Vielfalt“ am 06. September
auf dem Husumer Marktplatz!


Liebe Initiativen, Vereine, Parteien, Unternehmen, Organisationen, Bürger und Bürgerinnen,

Wir laden Sie und Euch herzlich ein, sich am Freitag, dem 06.09.2024 ab 15.30 Uhr auf dem Husumer Marktplatz zum „Bürgerdialog für Demokratie und Vielfalt“ zu versammeln und gemeinsam eine lebendige, bunte Kundgebung zu gestalten.


Nordfriesland ist bunt!
Dies zu zeigen und zu leben ist uns immer wieder ein großes und wichtiges Anliegen. Die Wahlen in Ostdeutschland beschäftigen viele Menschen, die Meinungen gehen weit auseinander, der Spalt in der Gesellschaft scheint immer tiefer zu werden, grauenvolle Attentate erschüttern uns zutiefst und fordern uns am tiefsten Nerv unseres demokratischen Freiheitsverständnisses heraus. In dieser Stimmung lädt die AFD Schleswig-Holstein, die spätestens mit dem Vernetzungstreffen mit Rechtsextremisten und Nazis in Neumünster gezeigt hat, dass sie nicht auf demokratischem Boden verankert ist, zu einem Bürgerdialog im Raum Husum ein.

Mit dem Bürgerdialog für Demokratie und Vielfalt möchten wir daher ein Zeichen gegen die rechtsextremen Positionen der AFD setzen, deutlich machen, dass sie zwar demokratisch gewählt, aber keineswegs demokratisch orientiert ist. „Vielfalt tötet!“ ist nur einer von vielen hetzerischen und populistischen Originaltönen des stellvertretenden Landesvorsitzenden der AFD. Gegen diese Hetze stellen wir uns und stehen stattdessen für konstruktiven Austausch, Zusammenhalt und Vielfalt.

Was erwartet Sie/Euch?
Ein fantasievoller Redebeitrag, Musik, Sprechtische zu verschiedenen Themen, an denen man auch seine Sorgen und Bedenken loswerden kann, Austausch, Diskussion, Miteinander und mehr….

Wir freuen uns auf Ihre/Eure Teilnahme!
Bringt viele und fantasievolle Plakate / Transparente mit, seien wir bunt und fröhlich! Gemeinsam sind wir eine lebendige und engagierte Gesellschaft, die auf den Grundprinzipien der Demokratie beruht. Machen Sie/Ihr mit, stellen wir uns dem Rechtsextremismus entgegen und stärken wir gemeinsam die demokratischen Grundwerte!

Datum: Freitag, 06.09.2024 ab 15.30 Uhr
Ort: Husumer Marktplatz

Wir freuen uns, wenn Sie / Ihr diesen Aufruf auch an weitere passende Initiativen, Vereine, Parteien, Organisationen, Freunde und Freundinnen in Nordfriesland weiterleitet.

Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.

Stellungnahme – VVN-BdA Solingen

2. September 2024

Angriff auf den „roten Winkel“

6. August 2024

Angriff auf den „roten Winkel“

Vor einiger Zeit vernahm man lautstarkes Getöse aus dem Berliner Innensenat und vom hessischen Innenminister. Sie forderten die Innenministerkonferenz und die Bundesinnenministerin auf, den „roten Winkel“, den sie glaubten als „Hamas-Symbol“ denunzieren zu können, zu verbieten. Sie stützten sich dabei auf einzelne Fotos aus Kreuzberg und einigen Stadtteilen Londons, wo an öffentlichen Stellen ein längliches rotes Dreieck – angeblich zur „Feindmarkierung“ – zu sehen war.
Wie wenig historische Bildung muss in den Köpfen dieser Politiker angekommen zu sein, wenn sie glauben, dies sei der „rote Winkel“?

Wir erinnern daran: Der „rote Winkel“ war die „Feindmarkierung“ des NS-Regimes gegen seine politischen Gegner und später aller Häftlinge aus den überfallenen Ländern, die in den Konzentrationslagern den roten Winkel mit einem Nationalitätenbuchstaben tragen mussten. Sie trugen ihn – nach der Befreiung von Faschismus – mit Stolz, in dem Bewusstsein, den faschistischen Terror überstanden zu haben und sich dem politischen Vermächtnis der Überlebenden – bis heute – verpflichtet zu fühlen. Wer also glaubt, den „roten Winkel“ verbieten zu können, der versucht damit das europäische antifaschistische Vermächtnis zu verbieten.
Vor einigen Jahren tönte schon einmal die Trump-Regierung, man müsse „die Antifa“ als Terrororganisation brandmarken. Damals nahmen Politiker der CDU/CSU diese „Vorlage“ gerne auf. Heute denunziert die ungarische Staatsanwaltschaft „die Antifa“ als internationales Terrornetzwerk und die bundesdeutsche Justiz liefert Beschuldigte auf fragwürdiger Grundlage nach Ungarn aus.
Solche Angriffe auf die Idee des Antifaschismus und ihre Organisationen sind in der BRD nicht neu. Immer wieder versuchten Bundes- und Länderregierungen Antifaschismus zu denunzieren und dessen Symbole zu kriminalisieren. Schon zweimal untersagte die Berliner Regierung am 8./9. Mai ein würdiges Gedenken an die Befreier und die Befreiung durch die militärischen Kräfte der Anti-Hitler-Koalition. Mit Polizeieinsatz wurde die öffentliche Präsentation deren Symbole an Gedenkorten in Berlin unterbunden.
Selbst mit dem Mittel des Steuerrechts, dem versuchten Entzug der Gemeinnützigkeit für die VVN-BdA, wurde antifaschistische Arbeit torpediert. Einer breiten gesellschaftlichen Solidarität war es zu verdanken, dass dieser Angriff auf die älteste überparteiliche antifaschistische Vereinigung in unserem Land abgewehrt werden konnte.

Gegen solche politische Bestrebungen treten wir – gemeinsam mit anderen europäischen Antifaschisten – auf. Die Bewahrung des politischen Vermächtnisses der Überlebenden der Lager und Haftstätten, die Würdigung der Befreier und der Befreiung sind unser Leitmotiv.
Der „rote Winkel“ bleibt unser Symbol. Der lässt sich nicht verbieten!

Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora e.V.
Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora/ Freundeskreis e.V.

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